Bis UPC oder andere Kabelnetzbetreiber symmetrische Geschwindigkeiten mit DOCSIS 4.0 anbieten werden, vergehen noch Jahre. Zwischen dem ersten Release der DOCSIS 3.1 Spezifikation durch cablelabs im Jahr 2013 und der Einführung bei UPC 2019 vergingen 6 Jahre. Somit dürfte DOCSIS 4.0 so im Jahr 2026 zu erwarten sein, da 2020 erst durch cablelabs spezifiziert. Quickline hat schon 2015 grossmäulig ausgesagt, dass für DOCSIS 3.1 alles bereit sei. Bis heute ist DOCSIS 3.1 nicht in allen Partnernetzen der Quickline verfügbar und die Angebote kamen nach dem Launch von UPC im Jahr 2019. Ob DOCSIS 4.0 bei Quickline überhaupt eingeführt werde, sei noch offen. Die Betriebskosten sind wesentlich höher und ein FTTH-Ausbau bald wirtschaftlicher. Solche technologischen Transformationen in Kabelnetzen dauern Jahre. Oft wird von 2 - 3 Jahren gesprochen, aus welchen dann mehr als das doppelte wird. So war es zumindest bei DOCSIS 3.1.
UPC sollte zuerst DOCSIS 3.1 vollständig einführen. Hierzu gehört vor allem eine Beschleunigung im Upstream, welcher mit lausigen 100 Mbit/s nicht mehr wirklich zeitgemäss resp. wettbewerbsfähig gegenüber FTTH ist. Mit 100 Mbit/s im Upstream gehören wir in der Schweiz noch zur Elite. In vielen Ländern sind 50 Mbit/s im Upload das Höchste der Gefühle. Neben dem Upstream gehören die Latenzzeiten mit AQM und Low Latency DOCSIS reduziert. Zur Beschleunigung des Upstreams muss der Frequenzbereich des Rückweges von 65 MHz auf 85 MHz (mid split) oder 204 MHz (high split) erweitert werden, was einer Operation am offenen Herzen gleicht. Hierfür muss die analoge UKW-Übertragung im Kabelnetz weichen und diverse aktive und passive Elemente ersetzt oder modifiziert werden (Verstärker, Taps, Verteiler, Kabeldosen, teilweise sogar Nodes).
Meine Prognose:
Viele Kabelnetzbetreiber müssen sich fragen, ob DOCSIS 4.0 und die damit (vermutlich) notwendige Node+0 Topologie resp. “fiber deep” resp. FTTB überhaupt rentiert oder auch direkt auf FTTH ausgebaut werden sollte. Kabelnetze sind, genau wie das Telefonnetz der Swisscom, Relikte aus vergangenen Zeiten, welche mit immer aufwendiger werdenden Krücken- resp. Brückentechnologien am Leben gehalten werden, um auch noch das letzte Quäntchen Ertrag auszupressen. Man sieht es beim Quickline-Verbund, welcher sogar mit DOCSIS 3.1 hadert. Die Zukunft ist mit FTTH unausweichlich. Vermutlich wird in ländlichen und abgelegenen Gegenden 5G eine tragendere Rolle spielen, aber auch dort ist ein Glasfasernetz bis zur Antenne erforderlich.
Ob sich UPC mit der Übernahme von Sunrise endlich vollwertiger an FTTH rantraut, bezweifle ich stark. Bis jetzt wurde zwar in FTTH only Gebiete expandiert, dort aber einfach in der Wohnung des Kunden ein Micro Node installiert und quasi HFC resp. DOCSIS lokal “erzeugt”. Damit wird die Leistung der Glasfaser nie voll ausgenutzt, es werden nicht wie bei fast allen FTTH-Anbietern symmetrische Profile angeboten und das Ganze läuft aus Lizenzkostengründen vermutlich noch über einen grösseren PON-Splitter (Ja - Nodes Kosten an jedem CMTS Geld…). Das Gebastel sieht dann beim Endkunden etwa so aus:
Solange UPC offiziell nicht mal FTTH CPE hat, sondern nur ihre HFC Connect Boxen und Micro Nodes bei Endkunden installiert, wirds mit FTTH nicht viel werden. UPC ist und bleibt ein klassischer Kabelnetzanbieter, ob sich dies mit der Übernahme von Sunrise ändern wird, ist fraglich. Vermutlich wird die Infrastruktur eine parallele Integration von FTTH- und HFC- resp. DOCSIS-Anschlüssen gar nicht hergeben. Auch denkt Liberty Global immer für alle Märkte mit. So kommt die gleiche Hardware in Polen, Grossbritannien, Rumänien etc. zum Einsatz. Obwohl Polen so etwas wie ein Sonderstatus hat. Dort ist z.B die UPC 4K Box oder eine Connect Box mit Ethernet-WAN-Anschluss verfügbar, was auf ein ONT und FTTH schliessen liesse.