So schnell kann sich das Blatt wenden. Vor Weihnachten sah es für UPC, den grössten Kabelnetzbetreiber der Schweiz, nicht gut aus. Die von Zürich aus gemanagte Schwesterfirma UPC Österreich war gerade für 1,9 Milliarden Euro an die Deutsche Telekom verkauft worden. UPC sah sich gezwungen, Berichte zu dementieren, wonach der Schweizer UPC-Ableger ebenfalls zum Verkauf stehe.
Das ist Schnee von gestern. Inzwischen deutet vieles darauf hin, dass die Besitzer von UPC den Schweizer Markt für Internet, Fernsehen und Mobilfunk aufmischen wollen.
Womöglich sei schon bald genügend Geld da, um Salt oder Sunrise zu schlucken, sagt ein Manager des weltgrössten Kabelnetzbetreibers Liberty Global, dem UPC Schweiz gehört. Die Übernahme eines der beiden Konkurrenten würde die empfindliche Lücke im Mobilfunkgeschäft schliessen, wo UPC nur 100′000 Kunden hat. Liberty Global würde hinter der Swisscom zur Nummer zwei in der Schweizer Telekommunikation aufsteigen.
Helfen kann Liberty Global bei einem möglichen Zukauf eines Konkurrenten, dass UPC Schweiz als Kabelanbieter von Analysten mit einem Unternehmenswert von 8 bis 9 Milliarden Dollar markant höherwertig eingestuft wird als Salt oder Sunrise.
Liberty Global sieht «strategische Gelegenheiten»
UPC Schweiz hat unlängst mit der Swisscom einen Vertrag abgeschlossen, wonach der Branchenleader ab kommendem Jahr Mobilfunkdienste für die Kunden des Kabelnetzbetreibers liefert. Der Deal sei «nicht exklusiv», betonte Mike Fries, der Chef von Liberty Global, als er am Donnerstag das Jahresergebnis des Kabelkonzerns erläuterte. Dieser schränke «strategische Gespräche oder Gelegenheiten» von UPC Schweiz in keiner Weise ein.
Liberty Global wird vom US-Milliardär John Malone kontrolliert. Seinen Ruf als «Kabel-Cowboy» erwarb sich Malone, der über ein Vermögen von 8 Milliarden Dollar verfügt, mit unzimperlichen Methoden. Mit diesen baute er in den USA Dutzende Kabelnetzfirmen zum Konzern TCI auf. Diesen verkaufte er Ende 1999 für 46 Milliarden Dollar an AT&T.
Anfang Woche hatte die «Financial Times» bekannt gemacht, das Europageschäft von Liberty Global werde komplett umgebaut. Malone habe eingesehen, dass die 2005 gegründete und über 250 Zukäufe rasant gewachsene Liberty Global zu breit aufgestellt sei. Die Ländergesellschaften in Deutschland, Rumänien, Ungarn und Tschechien, wo die Chancen schlecht stehen, zu einem bedeutenden Komplettanbieter von Internet, TV und Mobilfunk aufzusteigen, sollen an den britischen Telecomkonzern Vodafone verkauft werden.
Grossbritannien und die Schweiz seien von dieser Verschlankung nicht betroffen, heisst es im Umfeld von Liberty Global. Die Schweiz könne man nicht mit Österreich vergleichen, stellte Mike Fries am Donnerstag klar. In der Schweiz, wo UPC im Kabelnetz zwei von drei Haushalten erreiche, habe man «eine starke Position». In Österreich dagegen habe man bloss rund ein Drittel des Marktes abgedeckt. Da zudem das Wachstum bestenfalls niedrig gewesen sei, sei UPC Österreich verkauft worden.
«Der Telecommarkt schreit nach Rationalisierung»
Auch einem Vergleich mit den Niederlanden, wo Liberty Global ihre Aktivitäten letztes Jahr in eine Gemeinschaftsfirma mit Vodafone einbrachte, kann Fries nichts abgewinnen. «Die Schweiz ist wirklich nicht das nächste Holland für uns.» Die Geschäfte in der Schweiz liefen wegen der hohen Ausgaben für Sportrechte zwar noch längere Zeit nicht so gut wie erhofft. Insgesamt sei die Schweiz aber ein lukrativer Markt. Trotz «intensivem Wettbewerb» werfe UPC Schweiz «sehr hohe Margen» ab punkto «operativem und freiem Geldfluss», erklärte Fries.
Hinzu kommt laut Fries, dass der Schweizer Telecommarkt förmlich «nach Rationalisierung schreit». Es gebe daher «einige Optionen», wie UPC Schweiz «konsolidieren oder ein grösserer Player werden kann in diesem bestimmten Markt». Grösse spiele eine «wichtigere Rolle denn je». Liberty Global wolle weiterhin in «Kernmärkte» wie die Schweiz investieren, «wo wir einen Weg sehen, ein nationaler Champion zu werden», sagte Fries.
Die Verkäufe in Europa könnten Liberty Global bis zu 31 Milliarden Dollar einbringen, schätzt die Credit Suisse. Falls der Deal mit Vodafone klappt, verfügt die Mutterfirma von UPC Schweiz auf einen Schlag über enorme Mittel für Investitionen. Als Salt 2015 für 2,8 Milliarden Franken vom französischen Unternehmer Xavier Niel übernommen wurde, habe man sich einen Kauf auch überlegt, sagt ein Manager von Liberty Global. In jener Zeit sei UPC Schweiz indes «mit dem Aufbau in Österreich beschäftigt gewesen». Das sei nach dem Verkauf von UPC Österreich nicht mehr der Fall.
(SonntagsZeitung)